Dreißig Tage vor dem 30. Januar 1933 schrieb die Frankfurter Zeitung in einem Rückblick auf das vorangegangene Jahr 1932: „… so ist im Verlauf des beendeten Jahres tatsächlich eine …. politische Entspannung von großer Bedeutung eingetreten: der gewaltige nationalsozialistische Angriff auf den demokratischen Staat ist abgeschlagen und durch einen mächtigen Gegenangriff aus der Sphäre Papen-Schleicher beantwortet worden… der aber in die Reihen der NSDAP große Verwirrung getragen hat: Millionen von Anhängern sind dieser Partei verloren gegangen… Die Parteien haben erneut gelitten in diesem Jahr, … aber die Demokratie hat nicht weiter gelitten; sie hat während des letzten Jahres geradezu einen Triumph erlebt. … Denn die politische Grundtendenz wird bestimmt durch die Tatsache der Entzauberung der NSDAP.“*
In den folgenden drei Monaten, genauer 83 Tagen, wurde die deutsche Demokratie zerlegt und abgeschafft. Am 4. Januar traf sich Papen mit Hitler, um den amtierenden Kanzler Schleicher zu stürzen. Weitere Gespräche folgten, bis dann Staatspräsident Hindenburg Adolf Hitler am 30. Januar zum Reichskanzler ernannte. Zwei Tage später löste Hindenburg den Reichstag auf. Nach weiteren drei Tagen wurde die Kommunistische Partei per Verordnung verboten, drei Wochen später, nach dem Brand des Reichstages, wurden am 28. Februar die Bürgerrechte abgeschafft. Am 5. März, 35 Tage nach Amtsantritt Hitlers, fanden Neuwahlen statt, die nicht mehr frei waren. 14 Tage später trafen die ersten Gefangenen im KZ Dachau ein (22. März 1933), zwei Tage später wurde die Diktatur mit dem Ermächtigungsgesetz festgeschrieben.
Nach nur 83 Tagen war das Schicksal der deutschen Demokratie besiegelt.
Morgen ist wieder ein 30. Januar. Ein Tag, an dem wir uns an unser eigenes und vergangenes „Schöndenken und Schönreden“ der Gegenwart erinnern sollten und bescheiden werden bezüglich unserer Weisheit, die Welt zu verstehen.
Peter Mohler
* Frankfurter Zeitung, 1. Januar 1933, zitiert nach: Peter Ph. Mohler, Abitur 1917-1971, Frankfurt: Peter Lang, 1978, S. 12f, Hervorhebungen im Original
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