Blog4587

Wilder Südwesten

Willkommen in der wilden Grenzlandwelt mitten in Europa

Es ist ein wildes Land hier. Hier ist der Südwesten Deutschlands oder der Nordosten Frankreichs oder fast die Mitte der Europäischen Union oder weit weg von der Mitte Europas oder wie es Euch gefällt.
Kriege und Epidemien verwüsteten Jahrhunderte lang das Land. Die frühere reiche Kulturlandschaft verfiel wie ihre Burgen und Paläste. Seit 75 Jahren kämpft sie sich zurück. Oft mühsam, nie nachlassend, immer noch ein Zentrum suchend, um das man sich scharen kann.
Laute Fröhlichkeit und Weinseligkeit, Weck, Woi unn Worscht übertönen Melancholie und Sehnsucht nach Wahrheit, Licht und Freiheit. In vino sind nicht nur veritas, sondern auch Depressionen en masse.
Genug, sagen wir zwei, genug ist genug. Vorwärts, frech, frei und unfromm schlagen wir uns nach vorne durch. Und vorne ist, wo wir sind.

Und so sind wir sortiert:
Editorials sind das, was der Duden darüber sagt
Allgemein ist alles, was nicht was anderes ist
Literaten Welt ist der Platz von und für Schriftsteller
Frankfurters Welt ist die eigentümliche Weltsicht von Philipp Frankfurter
Pfälzer Spitzen
sind kleine Gemeinheiten aus der Hüfte geschossen
Soziologen Welt ist ernster als ernst, hier geht es zur Sache

David Emling & Peter Mohler       

Übersetzungsfehler, Missverständnisse oder schlicht Propaganda?

Als stolzer neuer Besitzer einer Stanley Classic Camp Mug lese ich doch erst einmal die Gebrauchsanleitung. Da steht zu Pflege und Gebrauch „Befüllen Sie die Flasche nicht mit heißer Flüssigkeit.“ Interessant, ist es doch ein Thermobecher. Also gehen wir zum Englischen über. Da steht „Do not overfill with hot liquids.“ (ähnliches auch im französischen Teil). Aha, gemeint ist „nicht zu voll machen“ oder so. Alles klar, schlampig übersetzt, typisch Gebrauchsanleitung, kleines Gelächter erlaubt.

Gehen wir jetzt mal zu CBS 60 Minutes Sendung zu Internet und Deutschland (kann man googeln). Was sagt z.B. Gunter Frank in Achgut dazu: „Man sieht kichernde, feixende, übereifrige Beamte, die sich über ihre Delinquenten lustig machen. Sie merken gar nicht, wie sie von der amerikanischen Journalistin in souverän professioneller Weise vorgeführt werden. Man sieht den hässlichen Deutschen, so wie man ihn in ausländischen Filmen über die Nazizeit bewundern kann. Doch diesmal nicht als Schauspieler, sondern in echt.

Oh weh, das sitzt, aber halt, was hören wir in der Quelle? Den Rahmen setzt die Anmoderation und der Schluss, aber auch der Titel ist aufschlussreich: „Policing the internet in Germany, where hate speech, insults are a crime“.  Und jetzt aus der Anmoderation (meine Transkription): „… lies and harrasment have unfortunately become the norm online… in the United States most of what anyone says, sends or streams online, even if it is hateful or toxic, is protected by the first amendment as free speech. But Germany is bringing some civility to the World Wide Web…” danach folgen u.a. Interviews mit Staatsanwälten, die erklären, wie im deutschen Recht zwischen Meinungsfreiheit und Beleidigung etc. abgewogen wird. Und in der Abmoderation hört man folgendes „.. but in Lower Saxony prosecutors argue they are protecting democracy and discourse by introducing a touch of German Order to the unruly World Wide Web..”.

Da hat Gunter Frank aber wohl schon abgeschaltet, sonst kämen er und auch andere möglicherweise eher auf Krawall Gestrickte nicht zu ihren Interpretationen.

Das sieht nicht nach schlampiger Übersetzung aus, auch nicht nach Missverständnis, sondern erscheint schlicht Propaganda wie aus dem Lehrbuch: nehme eine Aussage und stopfe sie umgedreht dem Anderen ins Maul.

Gemach, das wird hier kein Bashing konservativ sich nennender Publizisten. Es geht auch andersherum. Nehmen wir die vielzitierte Rede von Vizepräsident Vance in München. Überschrift des Spiegel (online): „J.D. Vance rät deutschen Parteien zur Zusammenarbeit mit der AfD – Die Rede des US-Vize auf der Münchner Sicherheitskonferenz wird mit Spannung erwartet. In einem Interview kritisiert Vance vorab seine europäischen Partner und rät zu Koalitionen mit Rechts-außen-Parteien.“

Gut dann quälen wir uns selbst, schauen die Rede im Web an und …. hören nicht das , was der Spiegel schreibt. Aber man kann sich ja auch verhören. Also Chatgpt gequält und in mindestens fünf Stufen versucht, so etwas wie „Zusammenarbeit“ oder „Kooperation“ aus der Rede heraus- besser gesagt hineinzuinterpretieren. Nicht möglich, nichts gefunden. Ausser folgender Stelle: „Now again, we don’t have to agree with everything or anything that people say, but when people represent, when political leaders represent an important constituency, it is incumbent upon us to at least participate in dialogue with them.”

Dazu gibt es ein berühmtes Zitat, das wechselweise Voltaire oder Friedrich dem Großen oder beiden zugeschrieben wird. „Ich missbillige, was du sagst, aber ich werde bis zum Tod dein Recht verteidigen, es zu sagen“ (laut Internet soll es tatsächlich von Evelyn Beatrice Hall stammen – The Life of Voltaire, 1903).

Zurück zum Spiegel und Achgut; an welcher lichterloh brennenden Schnapsfabrik mit angrenzender Haschplantage fahren so viele neuerdings vorbei, wenn es um das Fertigmachen eines Andersdenkenden geht? Liebe Leute, wenn die Quellen zugänglich sind, dann denkt Euch bitte eine bessere Kritik aus. Im übrigen gebe ich gerne zu, eventuell alles falsch verstanden zu haben. Dann lass uns darüber streiten.

 

Habeckland sei Dank

Da kommt sie, die Stromrechnung. Dahin geht mein Sparbuch. War doch alles so gut ausgedacht. Zum Leben reicht es. Das Sparbuch schön fett fürs Altersheim und einmal im Jahr 250g Jamaika Blue Mountain Kaffee. Weder das eine, noch das andere wird sein. In Habecks Land ist Licht und Lust verpönt, im Dunkeln läßt sich gut munkeln und die Hemden müssen nur einmal in der Woche gewaschen werden. Das stinkt, nicht nur mir. Habeck wir danken’s Dir, aber nicht von Herzen.

Trümmerwörter-wiederauferstehung

Gleich nach dem großen unvaterländischen Krieg, lag nur weniges nicht in Trümmern. So auch die Sprache, sie lag zerfleddert herum. Vormals große Worte verschwunden, verschollen, vermisst: Ehre, Freude, Frieden, Vaterland, Bewegung, Aufmarsch, Partei. Und erst die Musik: Fanfaren beim Teufel, schwelgende Akkorde vergiftet, himmlische Gesänge verdampft in der Hölle.
Was erst wie Ersatzsprache oder Kleinmusik erschien, die Lakonie der Erschöpfung à la Hemingway oder der modernen Klassik, eröffnete einen weiten, großen Horizont durch den die Wirklichkeit ungefiltert durch Wortbombasmen und Fanfarengetöse Leben und Erleben ungeahnt bereicherten.

Die Jahre gingen dahin, die Empfindsamkeit für die toten Bombasmen schwand. Die Untoten kehrten zurück: Bewegung wurde umgefärbt von braun auf rot, Freude zum Freudentaumel der la ola, Klima als Travestie von Vaterland und Ehre, und die Partei, die Partei will immer noch ihr Recht, sei’s links oder rechts.

Die Musik versank in unendlichen Akkorden, es wagnert auf dem Pissoir und im Tatort. Ist Euch der Untergang der Nibelungen denn ganz entgangen?

Zu guter Letzt, wird auch die Geschichte wieder bombastisch. Jede Mitteilung der oberen Heeresleitung, genannt Regierung, wird historisch genannt, ohne den Wortwitz des darin verborgenen Rückwärtsgewendetseins zu erkennen.

Es lebe die Sprache, die Musik und der Witz!
Sie werden uns alle locker überleben.

Wunschkonzert

Für alle, die wie ich 90er-Jahre Slapstick-Komödien lieben, ist dieser Anfang bekannt:
„Ich möchte eine Welt, in der…“ Dann folgen solche genialen Einlassungen wie: „…in der Würmer und Insekten endlich wieder schmecken“, oder auch „…in der ich aus einer Toilette trinken kann ohne Ausschlag zu kriegen.“

Wissen Sie, was ich möchte? Eine Debatten-Welt in Deutschland, die endlich mal aus einem beinahe schon naturgesetzartigen Reiz-Reaktions-Schema ausbricht. Da redet der Bundesfinanzminister über Zuwanderung, Armut und vielem mehr, alles Themen, die man ansprechen sollte und darf, wenn man wie er viel Geld zu verteilen hat (und meint, noch mehr einsparen zu müssen) und in einem Land mit freier Meinungsäußerung lebt. Dann kommt die von irgendeinem Adjutanten (vielleicht im dritten oder vierten Semester Jura oder Philosophie oder was) des Ministers lange im Vorfeld geplante rhetorische Spitze, dass es einen klaren statistischen Zusammenhang zwischen Zuwanderung und Kinderarmut gebe. Man muss ja in die Presse kommen mit markigen Worten und klaren Ansagen.

Was folgt, ist besagtes Reiz-Reaktions-Schema. Allen voran Politiker*innen (wichtig!) der Linken sehen das als „böse“, „ekelhaft“ und so weiter an (die können sich vermutlich nur Erstsemester leisten). Auch Grüne und SPD sind da meist dabei, die üblichen Verbände, die sonst kaum jemand kennt, kommen nun aus den Löchern gekrochen, äußern ihre „Expertise“, und am Ende prügeln alle aufeinander ein. Schließlich wird sicher auch da am Ende irgendein Kompromiss stehen (auch mit Frau Paus), der dann für alle Seiten neu wild interpretierbar ist für die nächste (verbale) Attacke. Ach so, und die AfD äußert sich wie immer gar nicht, lacht sich eins und freut sich über neue beste Umfragewerte.

Ich möchte eine Welt, in der alle mal einen Tag durchatmen und überlegen, warum diese Probleme so alt sind und was man dagegen tun kann. In der sich alle Demokraten zusammensetzen und ernsthaft nach einer Lösung suchen, und erst dann an die Presse gehen. Sich mit Respekt behandeln, nicht belauern, offen sind und dann vielleicht tatsächlich was erreichen. Dann lacht keine AfD mehr, und mehr Menschen kommen vielleicht sogar aus der Armut raus.

Ich weiß, wahrscheinlicher ist es, dass ich mir ein Glas aus der Toilette genehmige und keine Scheißerei bekomme, aber hoffen und wünschen darf man noch, oder?!

Das Ende der Betulichkeit

Wenn man ein „Nein“ nicht als Einladung zum Widerspruch sieht (nicht zur Widertat), dann erfährt man sich schnell als „gelöscht“, „gecancelt“, was etwas vielleicht anderes ist als „abgekanzelt zu werden“, obgleich beide die selbe sprachliche Wurzel haben und das Deutsche, wenn man sich so umhört, wahrscheinlich die Sache auch ganz ordentlich trifft.

Wer abgekanzelt ist, dem wurde klar gemacht, wie unwesentlich sein Beitrag zur Situation, zur Sache und überhaupt zur Welt sei. „Sei“, weil nicht immer ein „ist“ zutreffend das Abkanzeln beschreiben muss.

Damit man nicht in solch eine ungemütliche Lage kommt, ereifern sich viele Helfer und Stimmen, einem schon lange vor einem „Nein“, Hinweise auf den rechten Weg, die rechte Sache und die rechte Sprache zu geben (welch eine Gemeinheit der rechten Sprache und das auch noch wenn es ge-recht zugehen sollte). Wobei wir mitten im Morast der Mehrdeutigkeit aller Sprachen und der Lust der Abkanzler sind, sich auf eine einzige Deutigkeit zu werfen und diese dann ganz eindeutig als alleinige Deutung zu vertreten.

Die vielen Stimmen, die unsere Gedankenwelt harmonisieren,  aus der großen Oper des Lebens einen einstimmigen, eintönigen Summsang werden lassen wollen, ähnlich dem betulichen Summen des verzweifelten Vaters, der sein Kind zum Schlafen bringen will, dieses eintönige Gesummse es schläfert uns und die Gesellschaft ein.

Ganz in dem Sinne, wenn wir schon untergehen, dann im Schlaf.

Aufgewacht. Das hatten wir schon öfter, lange vor dem Biedermeier und erst kürzlich jenseits der Mauer und nicht lange davor allerorten.

Aufgewacht. Harmonie ist ein anderes Wort für Langeweile. Noch viel übler: aufgedrückte Harmonie ist Tyrannis pur.

Raus aus den klostermauerendlosschleifenden Gregorianern, weg von den wiederkehrend wiederholenden Meditierern.

Rauf auf den Höllenritt der Klassik, Toben über den kahlen Berg und brüllen „Another Brick in the Wall“. Nicht zuletzt: no satisfaction, denn es geht weiter und sogar besser.

Lasst die Betulichen summsend dahindämmern, ohne die geht es auch. Eigentlich, ohne die geht es besser.

 

Viktoria Reschke oder die neue Alte Welt

Auftritt Barbara Schöneberger bei Harald Schmidt am 20. Mai 1999. Küsschen links, Küsschen rechts, leicht schmachtender Blick Schöneberger und Schmidt.

Kommentar Anja Reschke 9. Februar 2023 „ist das hot… aus heutiger Sicht vielleicht ein bisschen zu hot“.

Reschke Fernsehen: Macht und Sexismus: It’s a match! | ARD Mediathek (Min. 2:50-4:00).

Es ist zwar Karneval und es soll Satire sein, doch es ist bitter ernst gemeint. Schöner kann man die neue Deutsche Kultur nicht beschreiben. Schöneberger und Schmidt „ein bisschen zu hot“. Prüder geht nicht.

Hiermit läuten wir endgültig die neue alte, prüde, bigotte und schlimmere Viktorianische Wende ein. Uns Anja vornedran, Viktoria! Soll sie heißen, von nun an.

Gegeben am Karnevalssonntag des traurigen Jahres 2023.

Philipp Frankfurter

Ach wie hässlich das schmückende Beiwort doch ist

Was heißt Soldatin auf Ukrainisch? Verzweifelt, aber entschlossen: Auch Frauen melden sich zu den Streitkräften, um gegen die russische Aggression zu kämpfen, viele davon sind jung und gebildet. …“* Stop! Halt! Nicht weiterlesen! Mach ich auch nicht! Aber was ist los? Das Beiwort ist los. Goethe, der Meister desselben, dreht sich im Grab herum. Wie denn? Was denn? Nichts Sexistisches kann ich sehen? Na ja, aber abgrundtiefe Doofheit. Erklär mal, gib mal den Oberlehrer. Schau Dir mal die Sache mit „jung“ und „gebildet“ an. Diese Beiwörter sollen, ja was, ausdrücken? Na, ist doch erstaunlich, wenn sich junge gebildete Frauen zum Kriegsdienst melden. Aha, wenn sie alt und ungebildet wären, dann wäre das wohl nicht erstaunlich? Welcher gebildete Mensch, geschweige denn ein weiblicher, geht freiwillig in den Krieg? Aha, da kriecht ein kleines Vorurteil aus dem Beiwort, oder? Heimatverteidigung ist nur was für Ungebildete, oder so oder? Nein, nö, ach so. Ach ja. Und sollen die Omas in den Krieg ziehen oder was? Ich sag‘ Dir was: eine Hölle von Vorurteilen über Krieg, Frauen und das Leben versteckt sich in solchen kleinen hässlichen Beiwörtern. Scheiße! Sag ich doch.
*Gerhard Gnauck in FAZ-net vom 24.5.2022

Vom Durchhänger zum Mensch – Eine Rezension

Wer wissen und nachfühlen möchte, wie sich die mit Sprechblasen und Durschnittsneurotikern wohl bestückte Arbeits- und Lebenswelt aktuell darstellt, dem sei „Daniels Hang“ von David Emling ans, hoffentlich noch, empathische Herz gelegt. Ob sich der Protagonist aus diese Hängewelt ins Freie schaufeln kann müssen die Leser schon selbst herausfinden. Spannende Tristesse mit Sonnenflecken garantiert. Erschienen ist seine Novelle kürzlich im Verlag Neuwerk  (Freiburg) – https://verlag-neuwerk.de/produkt/daniels-hang/ (broschiert 11€ gebunden 16€ oder drei Bier oder so…)

Die Würde des Menschen ist unantastbar

Wer glaubt, die Elite stehe auf dem Boden des Grundgesetzes, der möge die offenen Briefe 1 (EMMA) und auch 2  (ZEIT) an den Bundeskanzler lesen und dort nach „Würde“ oder „Menschenwürde“, eventuell auch nach „Freiheit“ suchen. Für Brief 1 ergeben sich 0 (in Worten Null) Treffer, für Brief 2 ein Treffer zu „Freiheit“.

Stattdessen verbreitet insbesondere Reinhard Merkel, Mitautor von Brief 1, sich stetig wiederholend, bei Markus Lanz und in der FAZ Thesen über „Pflichten“ des Staates „Leben zu schützen“ und danach die Verteidigung auszurichten. Wenn die Verteidigung gegen einen Angreifer „zu viele“ Leben koste, müsse man aus Gründen der Rechtsethik zwingend geboten einfach aufgeben (das ist etwas anderes als ergeben). Kurz gesagt, nach ihm gibt es nur die Frage nach „tot oder lebendig“ und schön abzählen wie viele davon.

Aber davon ist in einer freiheitlichen demokratischen Gesellschaft nicht die Rede, das ist bestenfalls nur eine sehr einfach gestrickte akademische Rhetorik. In der Wirklichkeit unserer Demokratie gilt einzig die Frage nach dem „menschenwürdigen Leben“ (Artikel 1,1 GG). Wenn dieses gefährdet ist, muss der Staat, hier die Politik, Abhilfe schaffen. Was die derzeitige russische Regierung zu Hause und anderswo garantiert und durchsetzt ist ein kein menschenwürdiges Leben. Einem solchen Regime darf sich keiner  weder ergeben noch hingeben. Auch der trickreiche Verweis auf Kinder, die nicht selbst entscheiden könnten (wo bleibt das Sorgerecht der Eltern?), den Reinhard Merkel wiederholt anführt, befreit nicht von der „Pflicht“, auch des Staates, Kindern eine menschenwürdige Zukunft zu garantieren. Dazu gehört Freiheit, Freiheit, Freiheit.

Wie selbstgefällig, gottvergessen  und zutiefst traurig muss man sein, um den Freiheitskampf der Ukraine mit derart schiefen, Grundrechte missachtenden, geschönten moralfreien Wendungen zu hintertreiben?

Die Sache mit den Feinden

Kennen Sie Gaito Gasdanow? Ein Schriftsteller, der Anfang des 20. Jahrhunderts geboren wurde und Anfang der 70er Jahre starb?

Ich frage deshalb, weil heut niemand einfach seine Kurzgeschichten vorurteilsfrei lesen, ihm selbst vorurteilsfrei begegnen, sondern man ihn heute unweigerlich fragen würde: Wie stehst du zu Putin?!

Er kannte ihn zwar nicht, konnte ihn gar nicht kennen, das spielt aber keine Rolle, denn es spielt offensichtlich bei vielen Wissenschaftlerinnen und Künstlern heute auch keine Rolle. Ich rede nicht von den Putin-Fans in Ballett und klassischer Musik, wie es sie zu Hauf gibt. Eher von der Wissenschaftlerin in Moskau, die seit 30 Jahren Daten sammelt, um die russische Gesellschaft besser zu verstehen (Fragen Sie mal Peter Mohler). Ich rede von den Musikern und Literaten, die in lokalen Kulturinstitutionen hier in der Rhein-Neckar-Region seit vielen Jahren deutsch-russische Austauschprogramme organisieren und für Dialog stehen. Und so weiter und so fort.

Ich packe jetzt nicht den Luhmann aus, aber all das scheint momentan nicht beliebt zu sein, dampft doch leider vieles der momentanen Diskussion herunter auf den binären Code: Wie halten Sie es mit Putin? Gegner oder Verehrer? Freund oder Feind?

Die, die im Krieg sind, die kämpfen, dürfen, müssen das. Aber wir, die noch ein wenig weiter weg sind, unterstützen, aber selbst nicht kämpfen (müssen)? Können wir uns keine Differenzierung leisten?

Wir sollten es uns gut überlegen, bevor wir Kultur und Dialog völlig über Bord werfen. Wir können ja zeitgleich trotzdem unsere Armee mal auf einen modernen Stand bringen…

« Ältere Beiträge

© 2025 Blog4587

Theme von Anders NorénHoch ↑