Radio an, Küche putzen, Svenja Flaßpöhler spricht zu Feminismus.* Und da gibt es auch ein Buch dazu.** Gleich bestellt und in einem Rutsch gelesen. So geht es los: „Rechtlich ist das Patriachat passé. Die potente Frau hat es auch psychisch überwunden.
Scham und Gefallsucht hat sie abgestreift wie ein altes Kleid. Ihr Zugang zur Lust: unmittelbar.“
Gefallsucht, was für ein Wort. Seit 75 Jahren nicht gehört. Da klingelt etwas in des Soziologen Ohr. Da, ja, da ist es jenseits des Feminismus: Meinungsumfragen als Opioid der Mächtigen. In Umfragen gefallen, positiv bewertet werden. Eine weitverbreitete Sucht. Fällt Ihnen da auch etwas auf?
Zurück zu Svenja Flaßpöhler, wer die Gefallsucht abstreift, erhöht sein Potential, seine Möglichkeiten, erweitert seinen Möglichkeitshorizont, wie die Luhmaenner sagen würden. Anders gesagt, wer gefallsüchtig auf Umfragen baut, schöpft sein Potential nicht aus.
Das gilt nicht nur für die Mächtigen in der Politik, sondern auch für alle anderen. Zum Beispiel die Medien (die ohne Kristallkugel): was für ein künstlerisches Potential ruht da tief unterkühlt im Schreibtisch des Intendanten (Neutrum, dazu kommt noch ein Blog). Auch Virologen sind neuerdings von Gefallsucht befallen. Nein, nicht neuerdings, es gibt nichts eitleres als ein Wissenschaftler (Neutrum), empfindlich gegen Kritik, völlig der Gefallsucht verfallen. Was wäre, wenn die Medien, die Wissenschaft und die Politik ihr Potential anzapften?
Wäre das auszuhalten? Zugang zu Information: unmittelbar, Zugang zu Wissen: unmittelbar, Zugang zur Macht: unmittelbar. Klasse. Danke Svenja.
Peter Mohler
* https://www.swr.de/swr2/wissen/starke-frauen-svenja-flasspoehler-fordert-verlasst-die-opferrolle-100.html
** Svenja Flaßpöhler, Die potente Frau, 2018 (6. Auflage 2020), Ullstein, Berlin
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