Vor der Hitze fliehend, Ruhe suchend auf der Couch, von einem Feature zum anderen über Kontinente gleitend, betulich durch wilde Landschaften geführt, drohnenmäßig von Luftaufnahmen überwältigt, huch, wer ist denn da? Die kleine Rassistin aus dem Feuilleton meldet sich. Wie denn, was denn? Rassismus im deutschen, öffentlich rechtlichen Feuilleton? Na ja, was würden Sie über folgende Sequenz sagen: „Heinrich Müller verkauft im ICE Kaffee und Snacks von der Minibar an Reisende. Er ernährt damit seine Familie.“* Wie bitte? Was für eine merkwürdige Feststellung! Nicht so im Standardfeature über Afrika, Südamerika oder Asien „Mit dem Zug durch Sri Lanka“.* Ist doch klar, dass man aussprechen muss, wie die Leute dort von der Hand in den Mund leben und der Kleinunternehmer N. mit der Lizenz zum Snackverkauf im Zug seine Familie ernährt. Oder, Ruanda, die Leute dort holen nicht nur Methan aus einem See, der möglicherweise demnächst in die Luft fliegt, nein, sie haben auch ein Torfkraftwerk gebaut, worüber der deutsche Fachmann „nur den Kopf schütteln kann“. ** Welch eine Umweltsünde, sagt der Mann aus dem Land der Braunkohlekraftwerke. Natürlich gibt es auch positiven Kleinrassismus im deutschen Feature. Herrlich, zum Beispiel, die Lobpreisungen asiatischen Geschäftssinnes (ist das wirklich ein Lob)?
Dazu kommt das ganze mit einer Betulichkeit daher, neben der Courths-Mahler eine reißerische Schriftstellerin ist. Verbunden ist das mit einem beständigen an-der-Scholle-festhalten, jede Veränderung ablehnend (in Ecuador soll es sozialen Wandel geben, weil das Internet auch in entlegene Gegenden kommt).
Dieses unterschwellige Beträufeln mit betulichen von oben herab Sanella-Bildern und Heimattönen, das ist der kleine tägliche Rassismus im deutschen Feature (die BBC ist noch ärgerlicher). Er versperrt den Blick auf die Menschen, ihre Visionen, ihre Ziele, ihre Erfolge. Liebe Leut im Feuilleton lasst das.
Philipp Frankfurter
*Arte, Mit dem Zug durch Sri Lanka, Minute 19:07, https://www.youtube.com/watch?v=NiCHSPPGS50
**SWR2 WissenVulkan-Gas aus dem Kivu-See. Energie-Alternative in Afrika Von Thomas Kruchem. Sendungvom: Dienstag, 22. Juni 2021, 8.30 UhrRedaktion: Gábor Páal. Regie: Thomas Kruchem Produktion: SWR 2021
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