Gut, Sie haben mich erwischt. Bevor es jemand merkt, sage ich es gleich. Die Unterscheidung im Titel kommt so oder so ähnlich von Ingo Zamperoni, halber Italiener mit amerikanischer Frau, als Italo-Amerika-Deutscher oder so was, ein Graus für jeden guten AfD’ler. Hiermit kenntlich gemacht, bitte kein Entzug des Doktortitels, ich habe sauber gearbeitet…
Worin liegt der Unterschied zwischen Verstehen und Verständnis haben? Darin, sich die Mühe zu machen, etwas zu durchdringen, oder nur an der emotionalen Oberfläche herumzukritteln. Also den Pickel aufkratzen oder ihn richtig ausdrücken, damit das Ding weggeht.
Und damit sind wir bei der Frage, die viele von uns immer wieder beschäftigt in diesen Tagen, Wochen, vier Jahren: Warum wählt jemand Trump?
Die Frage ist an sich schon bescheuert, man könnte auch fragen, warum jemand gerne Spaghetti-Eis isst. Es gibt tausend Gründe, und das Schlimme ist – siehe die Blogs meines Freundes zur Umfrageforschung – dass der Befragte selbst, selbst dann, wenn er ehrlich antwortet (bei Weitem nicht immer der Fall), es nicht immer sagen kann. So gesehen und gehört bei Ingos Schwiegervater, der Trumps Charakter nicht mag, seine Rhetorik abstoßend findet und vieles mehr, aber ihn wählt. Warum?! Na ja, die Wirtschaft halt. Guter Geschäftsmann, fertig. Stimmt zwar nicht, aber wen juckt’s?! Also wir lernen: Eine Wahlentscheidung kann aus tausend und einem Grund (nicht Nacht) geschehen, lange vorher, impulsiv, noch im Wahllokal, wegen eines Werbespots, sogar eines Wahlplakats. Schlimmer noch: Aufgrund unserer Sozialisation und unserer Umgebung (hier wurde schon immer … gewählt), also vielem, was in unserem Innern stattfindet und gar nicht expliziert werden kann. Dazu noch die amerikanische Geschichte, das Zwei-Parteien-System (oh je, was mach ich, wenn ich beide nicht mag?! Gar nicht wählen?! Auch nicht gut, also Augen und Nase zu und das Kreuz machen), und natürlich nicht zu vergessen die Rede (oder Mär) vom Sozialismus, der schon um die Ecke lugt, wenn mehr Amerikaner krankenversichert wären. Einfach für uns zu sagen, aber dort drüben über Jahrzehnte, Jahrhunderte eingeübt. So leicht kriegt man das nicht raus.
Kurzer Schwenk nach Deutschland, bevor wir uns über „die“ Amerikaner erheben, (gab es leider häufiger in den letzten Jahren) Es wird oft behauptet, Wahlentscheidungen bei uns wären reflektierter. Ich erinnere mich gut an ein herrlich einseitiges Plakat der Jungen Union vom Bundestagswahlkampf 2013. Die berühmte Merkel-Raute oben, darunter „Cool bleiben und Kanzlerin wählen.“ Ja geht es noch banaler?! Und geht es noch überzeugender?! Wir erinnern uns, dass die Kanzlerin (formal auch die CDU) die Wahl mit 41,5% gewann, hauchdünn an der absoluten Mehrheit vorbeischrammte (für viele in der SPD auch: leider). Tja, so ist das mit den reflektierten Wahlentscheidungen, nicht wahr?
Also, merken wir uns doch einfach, dass eine Wahlentscheidung im Kopf eines jeden entsteht, wie eigentlich alles, und dass sie, wie eigentlich alles, sehr kompliziert ist. Und merken wir uns doch einfach auch, dass es nicht an Herrn Plasberg ist, seine Unwissenheit und sein Mangel an Verständnis auf das „komplizierte amerikanische Wahlsystem“ abzuwälzen. Es funktioniert dort seit bald 250 Jahren, und erklären Sie bitte mal einem Amerikaner, warum momentan insgesamt 111 Abgeordnete  aufgrund eines „Überhangmandats“ (46) sowie „Ausgleichsmandats“ (65) im Deutschen Bundestags sitzen. Mein Verständnis geht Richtung Null! Verstehen kann ich es sehr gut…
David Emling